In Island wächst seit einigen Jahren der Markt für Schönheitssalons rasant – doch hinter der glänzenden Fassade verbergen sich zunehmend dunkle Geschichten. Vietnamesische Arbeiterinnen und Arbeiter berichten, sie hätten Millionen isländische Kronen für Arbeitserlaubnisse und angebliche Anstellungen bezahlt. Statt eines sicheren Einkommens fanden sie sich jedoch in Abhängigkeit, Schulden und Ausbeutung wieder.
Razzien in Reykjavík – zahlreiche Salons ohne Lizenz
Im Frühjahr führten Polizei und Gesundheitsinspektion im Großraum Reykjavík unangekündigte Kontrollen durch. 21 Schönheitssalons wurden überprüft, vier davon sofort geschlossen, wie RÚV berichtet. In vielen Fällen fehlten Lizenzen, Meisterabschlüsse oder Hygienenachweise.
„Es zeigte sich, dass fast alle Betriebe keine ausgebildete Kosmetikerin mit Meisterabschluss hatten“, sagte Unnar Már Ástþórsson von der Hauptstadtpolizei. Auch Hinweise auf überlange Arbeitszeiten, nicht gezahlte Löhne und unklare Tätigkeiten wurden festgestellt.
Einige der überprüften Salons standen zudem im Verdacht, illegale Tätigkeiten wie Menschenhandel oder sogar Prostitution zu decken.
70.000 Dollar für eine Arbeitserlaubnis
Eine Frau, die anonym bleiben möchte und im Bericht des isländischen Senders RÚV den Namen Lydia erhielt, erzählt, sie habe 70.000 US-Dollar – umgerechnet fast neun Millionen Kronen – gezahlt, um in Island arbeiten zu dürfen. Das Geld stammte aus einem Kredit, den ihre Familie in Vietnam aufgenommen hatte.
In Reykjavík arbeitete sie im „101 Spa“, wo sie zunächst drei Monate Lohn erhielt, dann jedoch ein halbes Jahr ohne Bezahlung arbeitete. Auch Steuern seien für sie nie abgeführt worden. „Ich habe erst später verstanden, dass sie mich belogen hatten“, sagte sie.
Andere vietnamesische Angestellte berichten ähnliche Geschichten: hohe Vorabzahlungen, gefälschte Ausbildungsnachweise, kaum Gehalt und die ständige Angst, die Aufenthaltserlaubnis zu verlieren.
Gefälschte Zertifikate und drohende Abschiebungen
Die Arbeitsgenehmigungen vieler Betroffener beruhen offenbar auf gefälschten Diplomen. Die isländische Arbeitsbehörde prüft derzeit rund 160 Fälle vietnamesischer Staatsangehöriger, die als Kosmetiker oder Köche nach Island kamen.
„Viele dieser Menschen wussten gar nicht, dass ihre Unterlagen gefälscht waren“, erklärt Saga Kjartansdóttir vom isländischen Gewerkschaftsbund ASÍ.
Sie und ihr Team unterstützen derzeit etwa 30 Betroffene, die möglicherweise Opfer von Menschenhandel oder schwerer Ausbeutung wurden.
Löhne weit unter Tarif
Laut Berechnungen von ASÍ müsste das Gehalt einer ausgebildeten Kosmetikerin mit Überstunden rund 1,1 Millionen Kronen betragen. Lydia und andere Betroffene erhielten jedoch nur zwischen 540.000 und 650.000 Kronen – teils bar, ohne Steuerabzüge oder schriftliche Nachweise. In einigen Fällen mussten sie Teile ihres Lohns sogar an Verwandte der Salonbesitzer zurückzahlen.
Prostitution in Massagesalons?
Bei verdeckten Recherchen stieß das TV-Magazin Kveikur auf Hinweise, dass in einzelnen Salons sexuelle Dienstleistungen gegen Aufpreis angeboten wurden. In einem Fall bot eine Mitarbeiterin einem verdeckten Ermittler nach einer Massage Sex für 19.000 Kronen an.
Die Polizei bestätigte, dass entsprechende Ermittlungen laufen. „Wir untersuchen derzeit mehrere Fälle, in denen es um Menschenhandel und Prostitution geht“, sagte Hildur Sunna Pálmadóttir von der Staatsanwaltschaft der Hauptstadtregion.
Schuldenfalle und Angst vor Abschiebung
Viele Betroffene sitzen nach Monaten ohne Lohn in massiven Schulden – und fürchten nun die Abschiebung, weil ihre Arbeitserlaubnis abgelaufen ist. Lydia sagt:
„Ich kenne viele, die noch auf ihre Genehmigung warten. Sie kamen nach Island, weil sie an eine bessere Zukunft glaubten. Ich erzähle meine Geschichte, damit andere erkennen, was hier wirklich passiert.“
Transparenzhinweis: Das Titelfoto wurde mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt und dient der Illustration des Ereignisses.
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