Der isländische Vulkanexperte Þorvaldur Þórðarson geht weiterhin davon aus, dass es im Sundhnúk-Kratergebiet zu einem weiteren Vulkanausbruch kommen wird – allerdings nicht sofort. Unter Svartsengi haben sich laut aktuellen Messungen etwa 14 Millionen Kubikmeter Magma angesammelt. Diese Menge entspreche nur etwa der Hälfte des Volumens, das in der Vergangenheit bei einem Ausbruch ausreichte. „Wenn wir etwa 30 Millionen Kubikmeter erreichen, könnte die Schwelle überschritten sein. Das wäre vermutlich um den Jahreswechsel oder Anfang des nächsten Jahres der Fall“, erklärt Þorvaldur.
Er betont, dass die Landhebung unter Svartsengi zwar weiter anhält, aber etwas langsamer geworden ist. Das deute auf einen reduzierten, jedoch fortlaufenden Magmazufluss hin. Die Gefahr eines Ausbruchs bleibe bestehen, auch wenn der Zeitpunkt noch ungewiss sei. „Ein Vulkan folgt seinem eigenen Zeitplan – und wir können nur beobachten, nicht bestimmen“, so Þorvaldur.
Wiederaufbau in Grindavík unter Beobachtung
In Grindavík sollen die Bauarbeiten schrittweise wieder aufgenommen werden, allerdings unter strenger Überwachung und mit klaren Sicherheitszonen. Þorvaldur hält dies für realistisch, sofern gefährliche Risszonen ausgespart werden. „Wir können die Stadt vorsichtig wieder aufbauen, mit gesundem Menschenverstand und Geduld“, sagt er im Interview bei Visir. Derzeit werden die Schutzmauern nördlich der Stadt auf einer Länge von 450 Metern um bis zu drei Meter erhöht, um künftige Ereignisse besser abfangen zu können.
Aktivität auch bei Katla und Askja
Neben Sundhnúkar zeigen laut Þorvaldur auch die Vulkane Katla und Askja zunehmende Anzeichen innerer Aktivität. „Diese beiden Systeme sind derzeit am weitesten fortgeschritten in ihren Vorbereitungen auf einen Ausbruch – aber das kann noch Monate oder Jahre dauern“, sagt er. Die Zeitskala eines Vulkans sei kaum mit der menschlichen Wahrnehmung vergleichbar: „Ein Tag ist für einen Vulkan wie eine Sekunde für uns.“
Er mahnt, die Beobachtung und Reaktionsfähigkeit weiter zu verbessern, besonders in touristischen Gebieten. „Wir wollen keine Menschenleben durch einen Vulkanausbruch verlieren. Das Leben steht an erster Stelle.“ Þorvaldurs Devise bleibt: „Es ist besser, fünfzigmal falsch zu liegen und einmal richtig zu handeln, als durch Zögern in Schwierigkeiten zu geraten.“
Titelbild: Innri-Sandhóll im Vorgerund – dahinter aktiver Vulkanausbruch am Sundhnúk am 23.07.2025 / Mirjam Lassak
Vulkanologe Þorvaldur Þórðarson erwartet einen Ausbruch in Svartsengi frühestens Mitte Dezember. Der Magmaspiegel liegt noch deutlich unter dem letzten Ereignis.