Entdecke die Geschichte eines mystischen Hauses in den abgelegenen Westfjorden
Dass ich heute den Eigentümer eines viel fotografierten Hauses in den Westfjorden, welches an ein Schloss erinnert und die Sehnsucht nach einem Leben am Fjord herbeisehnt, treffen werde, weiß ich jetzt, auf dem Weg von Ísafjörður nach Súðavík, noch nicht.
Es ist die erste Aprilwoche und es hat in den Westfjorden noch einmal gut geschneit. In Reykjavik war aller Schnee bereits getaut. Das Thermometer zeigt mir fünf Grad weniger als im Hauptstadtgebiet an. Ich werde frostige, teils regnerische, aber auch sonnenreiche Tage vor mir haben. Mein Ziel lasse ich offen, habe mich aber für die nächsten zwei Nächte in Heydalur eingebucht. Ich werde meinen Reiseplan täglich neu überdenken, je nachdem, was das Wetter mir vorgibt.
Ich fahre durch den ältesten Tunnel Islands. Von Ísafjörður nach Súðavík gibt es keinen anderen Weg. Er heißt Arnardalshamar und es war damals keine leichte Aufgabe, dieses Loch zu bohren, es kostete viel Zeit und Mühe. Der Tunnel war im Dezember 1948 fertig und wurde 1949 in Betrieb genommen, als die Straße auf der Súðavík-Seite fertig war.
Der Tunnel ist ca. 30 m lang und 1995 wurde der Tunnel erweitert und ist jetzt mit 8,5 m fast doppelt so breit wie früher. Er war 46 Jahre lang ein einspuriger Tunnel, und die Einheimischen hupten, bevor sie in den Tunnel fuhren, um Autos, die aus der entgegengesetzten Richtung kamen, zu warnen, dass der Tunnel besetzt war. Die Einheimischen nannten den Tunnel Hamarsgatið oder das Loch in der Klippe.
Eigentlich möchte ich hier in Sudavik nur die Kirche, die Súðavíkurkirkja, fotografieren. Sie hat eine besondere Geschichte. Als ich 2019 für vier Nächte in Hesteyri in Hornstrandir war, habe ich mir auch den dortigen kleinen Friedhof angesehen. Und gelesen, dass die Kirche abgetragen und in Sudavik neu aufgebaut wurde.
Dieses Puzzlesteinchen fehlte mir und jetzt war eine gute Zeit, an der Kirche endlich einmal anzuhalten und nicht nur vorbeizufahren.
Sie wurde ursprünglich 1899 gebaut und war ein Geschenk der Gebrüder Bull an die Einwohner von Hesteyri in Hornstrandir. Die Brüder hatten in Stekkseyri, eine Bucht nach Hesteyri, eine Walfangstation errichtet. Die Reste seht ihr hier.
Als dieses Gebiet verlassen wurde, wurde die Kirche nach Súðavík verlegt und 1963 geweiht. Dieser Umzug erregte großes Aufsehen. Nicht alle waren damit zufrieden.
Aber die Wahrheit ist, als der Bischof um Erlaubnis gebeten wurde, eine Kirche in Súðavík zu bauen, dachte er, es wäre angemessener und billiger, die Kirche von Hesteyri zu verlegen, da die Siedlung dort verlassen war.
Nun hat sie einen schönen Platz direkt am Alftafjördur, dem Schwanenfjord, gefunden.
Direkt neben der Kirche wurde 2010 ein Denkmal für ertrunkene Fischer errichtet. Es ist ein schönes Denkmal, wie diese Denkmäler immer sind, schöne Kunstwerke. Das Denkmal ist deshalb etwas Besonderes, weil Fischer als Ernährer und Helden gefeiert wurden, aber es wurde nicht über den Tod auf See gesprochen.
Das Denkmal mit den verschollenen Booten und Namen ist deshalb ein Tabubruch. Es war Teil der isländischen Kultur über Jahrhunderte, darüber öffentlich zu schweigen.
Gegenüber der Kirche fiel mir eine Tankstelle ins Auge. Mein Tank war zwar noch weit gefüllt, aber in Island lernte ich, jede Gelegenheit zu nutzen, um ihn aufzufüllen. Du weißt nie, wann die nächste Möglichkeit dazu ist. Mir passierte es einmal von Mödrudalur in Richtung Egilstadir, dass ich das Auto bergab nur noch rollen ließ, weil ich befürchtete, die nächste Tankstelle nicht zu erreichen.
Kaupfélag – Kaufgenossenschaft
An der Tankstelle ist auch ein Laden und zunächst denke ich, dass dieser zu ihr gehört. Und Zeit für einen Kaffee ist sowieso. Ich gehe also hinein. Im Eingang liegt ägyptischer Tee zum Verkauf und für eine Sekunde denke ich, dass sich hier Zugereiste aus ebendiesem Land eine Existenz aufgebaut haben.
Später erfahre ich, dass der Betreiber des Ladens während des Winters für einen Monat als Ausgleich für die langen Wintertage nach Ägypten zum Sonne tanken in den Urlaub fährt und den Tee als Angebot mitgebracht hat.
Das Erste, was mir im Laden auffällt, die Regale sind überdurchschnittlich sortiert, kommen ordentlich und aufgeräumt daher, alles hat seinen exakten Platz. Es gibt Waren des täglichen Bedarfs, notwendige Lebensmittel und Drogerieartikel.
Selbstverständlich wird auch die Schokolade von Sætt & Salt (Süß & Salzig) verkauft. Der kleine lokale Chocolatier produziert hier in Sudavik Schokolade und Pralinen. Süß bezieht sich auf die Schokolade und Salz auf das geothermisch geerntete Meersalz von Saltverk aus Reykjanes.
Und es gibt eine Auswahl an Handarbeitssachen aus der Region in einem separaten Regal. Hier fallen mir auch handbemalte Teller und Tassen auf. Dazu aber später mehr.
Ich werde freundlich auf Englisch begrüßt und bestellte in ebensolchem einen Kaffee. Der englische Dialekt kommt mir bekannt vor, er klingt nach Englisch mit deutschem Akzent. Und auf einmal stellen wir fest, dass wir beide besser Deutsch miteinander sprechen. Na sowas, in einem so abgelegenen Teil Islands.
Ich bin immer an der Geschichte von Menschen interessiert und nehme daraus viel für mich mit. So komme ich mit Matthias – so heißt der nette Verkäufer – gleich gut ins Gespräch. Daraus wurde dann über eine Stunde. Aber erst einmal muss er sich um eine Gruppe hungriger italienischer Touristen kümmern.
Und ich habe Zeit, mich genauer umzusehen, was Matthias gerne erlaubt. Dem Verkaufsraum schließt sich ein offener Raum mit Sitzgelegenheiten zum Essen an. Auch an Spielsachen für Kinder wurde gedacht.
Hier haben sich die Italiener nun niedergelassen und Matthias wirbelt in der Küche und bereitet überbackenen Fisch, Hotdogs und Pommes zu.
Weiterhin bewirtschaftet Matthias einen schönen Raum mit Thresen und gemütlicher Couch- und Stuhlecke mit einem riesigen Bücherregal – und es ist Platz an Tischen für größere Gruppen.
Matthias hat auch für Videotechnik gesorgt. Verpassen solltest du nicht die Möglichkeit, eine Dokumentation über den tragischen Lawinenabgang vom 16. Januar 1996 anzusehen, bei dem es 14 Tote, darunter acht Kinder und zwölf Verletzte zu beklagen gab. Nach dem Lawinenunglück wurde beschlossen, dass es keinen Lawinenschutz geben solle.
Stattdessen wurde das alte Dorf aufgegeben und 800m weiter Richtung Isafjördur umgezogen und neu aufgebaut. Das war ein großer Deal, die Leute wären sonst abgewandert. Der jetzige neue Ortskern ist sicher, es besteht keine Lawinengefahr. Nur fünf alte Häuser wurden versetzt, alle anderen wurden neu errichtet.
Seitdem ist es so, dass das alte Dorf erst ab dem 1. Mai eines jeden Jahres bewohnt werden darf. Zum 31. Oktober müssen die Leute aus ihren Häusern von dort wieder umziehen. Das Gemeindehaus im alten Dorf darf im Winter nur tags genutzt werden. Hier findet im Dezember der Tanz um den Weihnachtsbaum oder Bingo-Abende statt, manchmal auch eine Silversterparty.
Der Multifunktionsraum in Matthias‘ Kaufgenossenschaft ist deshalb auch soziales Zentrum der Bürger von Sudavik. Es gibt ein großes Bibliotheks-Regal mit gemütlicher Sitzecke, Kartenspiele, es werden Filme gezeigt, hier findet Konfirmationsunterricht statt und es werden Kindergeburtstage ausgerichtet. Ende Mai/Anfang Juni eines jeden Jahres wird der Raum zum Basislager für die Wandertage der Region. Dann bietet Matthias auch Frühstück an.
Wenn du ein Reiseanbieter bist, dann kann ich dir empfehlen, hier gezielt einen Zwischenstopp auf eurer Rundreise einzuplanen. Ihr könnt euch gemütlich niederlassen, etwas essen und trinken, zur Toilette gehen und die informative Dokumentation über den Lawinenabgang ansehen.
Aber wie kam Matthias dazu, einen Laden in Sudavik zu eröffnen?
Nun, der Bürgermeister von Sudavik, Braga Þór Thoroddsen, hat ihn darum gebeten. Es fehlte ein Geschäft für die Grundversorgung der Bürger im Winter, falls die Stadt wieder abgeschnitten ist. Es gab immer mal wieder einen Laden in Sudavik, zuletzt war über ein Jahr keiner mehr da. Der Laden an sich rechnet sich nicht, er existiert nur durch Bezuschussung der Gemeinde. Aber beide einigten sich unter diesen Voraussetzungen.
Just in diesem Moment, als wir darüber sprechen, betritt der Bürgermeister den Laden und wir halten einen kurzen Plausch.
Der Umzug von Dänemark nach Island
Von 1987 bis 2017 hat Matthias in Dänemark gelebt und dort u.a. ein Bauunternehmen geleitet. Claudia arbeitete am Flughafen in Kopenhagen. Von hier aus waren sie drei Mal zu Urlaubsreisen in Island unterwegs. Kurz vor Antritt der Reise 2012 erlitt er einen Arbeitsunfall und konnte den Urlaub nicht wie sonst mit zahlreichen Aktivitäten spicken. So war er diesmal gezwungen, seinen Urlaub sprichwörtlich zwei Wochen auf einem Stein vor seinem Haus in Arngerdareyri sitzen zu müssen. Im Nachhinein der schönste Urlaub seines Lebens. So ist der Entschluss gereift, nach Island zu ziehen.
Das setzte er im April 2017 um und zog mit seiner Frau in eine Wohnung nach Sudavik. Das Haus war noch nicht fertig. Hier erfüllte sich 2018 auch ihr lang ersehnter Kinderwunsch. Und das ungeahnte Glück war so groß, dass nach einem Jahr ein zweites Kind dazu kam. Damit erledigte sich aber vorerst auch der Einzug in ihr Traumhaus.
Jobmöglichkeiten in Islands Westfjorden
Claudia wollte einen regelmäßigen Job, Vollzeit und soziale Kontakte mit Kollegen. Sie fand eine Arbeit in der Küche, Essenszubereitung und Ausgabe des Krankenhauses in Isafjördur. Bis nach Isafjördur sind es gute 20 Kilometer pro Strecke. Mit den Kindern waren die Arbeitszeiten nicht mehr familienfreundlich. Außerdem war der Arbeitstag im Winter jeden Tag aufs Neue ungewiss. Ist die Straße unpassierbar, gibt es Schnee und Eis, Steinschlag?
Seit 2022 muss sie diese täglichen Ungewissheiten nicht mehr auf sich nehmen. Nun führt sie die Kantine und kocht für den Kindergarten und die Schule der Gemeinde Sudavik täglich das Essen. In der Küche im hinteren Teil des Ladens, den Matthias bewirtschaftet.
Matthias wollte nach seinem turbulenten Arbeitsleben in Dänemark erst einmal eine kleine Auszeit. Er unterrichtete Kinder an der Schule in Sudavik ehrenamtlich in Schach, veranstaltete kleine Turniere. Das war ein guter Einstieg in die lokale Gemeinschaft, was unerlässlich für ein Ankommen vor Ort ist.
Er führt den Laden der Kaufgenossenschaft und im Sommer ist er Tourguide für Westtours und Driverguide für Wild-Westfjords–Tours, vorrangig für Kreuzfahrttouristen, die im Hafen von Isafjördur anlegen. Das erzählt er mir bei unserem Videocall, wo ich ihn gerade beim Bau einer neuen Terrassendielung für Ferienwohnungen erreiche. Bei unserem ersten Videocall holte er Appartements für Touristen für die neue Saison mit dem Putzlappen aus dem Winterschlaf.
Arngerðaeyri – Matthias kauft ein Haus im Stil eines Schlosses
Matthias fragt, wohin mich der Weg noch führt und ob ich auch in den Isafjördur fahre (nicht die Stadt Isafjördur, sondern in den Fjord). Und, dass ich dann auch an seinem Haus vorbeikomme. Na, das klingt ja spannend. Aber ganz schnell weiß ich, welches Haus er sein Eigen nennen kann.
Das Haus, das an der Straße 61 im Isafjördur steht, weckt sowohl Überraschung als auch Bewunderung für viele Reisende. Das Haus ist einzigartig in der isländischen Landschaft. Es ähnelt einem kleinen Schloss oder einer Burg.
Wahrscheinlich kennt es jeder, der durch die Westfjorde gereist ist und hat es bei der Vorbeifahrt auch fotografiert. Im Internet gibt es darüber auch jede Menge Fotos. Wie viele mögen schon hier gestanden und vor sich hingeträumt haben, wie es wäre, genau hier ein abgeschiedenes Leben am Fjord zu führen? Na, ertappt?
Das Haus heißt Arngerðareyri und zieht die Aufmerksamkeit vieler auf sich. Durch die besondere Bauweise mit den Zinnen ähnelt es einem kleinen Schloss. Matthias und Claudia sind auf ihrer Urlaubsreise 2011 auch daran vorbeigekommen. Sie übernachteten auf der anderen Fjordseite und Matthias fragte seine Frau, ob sie dieses Haus gestern gesehen hätte? Sie antwortete mit Ja und schon begaben sie sich auf die Suche nach dem Eigentümer.
Diese Urlaubsreise sollte sowieso dazu dienen, sich nach Häusern umzusehen. Sie hatten drei Häuser in die engere Wahl gezogen. Drei Ruinen, von den Ost- bis in die Westfjorde.
Geschichte des Hauses
Dieses charmante Wohnhaus im Schlossstil mit drei Etagen wurde 1929 für den Handelsvereinsdirektor Sigurður Þórðarson aus Laugaból (1891-1977) aus Beton erbaut. Entworfen hat das Haus der Architekt Jóhann Kristjánsson aus Reykjavík. Sigurður Þórðarson leitete den Handelsverein „Kaupfélag Nauteyrarrhrepp“ fast 20 Jahre lang von 1915 bis 1934. Leider geriet der Verein später in Zahlungsschwierigkeiten und Konkursverfahren und wurde schließlich Teil des „Kaupfélag Ísfirðinga“.
Dieses prächtige Anwesen verfügte einst über bis zu sechs Schlafzimmer, einen Balkon und eine Toilette mit fließendem Wasser. Der Boden schmückte sich mit edlen Fliesen, während die Treppe mit Marmor aus Italien verziert wurde – ein wahrhaft luxuriöses Ambiente. Für die damaligen Verhältnisse in jeder Hinsicht ungewöhnlich elegant. Zu einer Zeit, als ein großer Teil der Isländer noch in Torffarmen lebte, darunter der Eigentümer des Landes von Arngerðareyri, der sein Land für das Gebäude an die Handelsgesellschaft verpachtete.
Zum Haus gehörte auch ein privater Hafen mit Steg, von dem die Boote von und nach Isafjördur kamen und ablegten.
Fast ein Jahrhundert später erregt es noch immer Staunen und Bewunderung. So erging es auch Matthias und Claudia, als sie an ihm vorbeifuhren. Das Haus hat eine mysteriöse Atmosphäre und weckt die Neugier vieler Menschen.
Aber warum wurde dieses Haus überhaupt am Rande der Welt errichtet?
Damals war es üblich, dass die Geschäftsführer von Kaupfélag (also Handelsverbände oder Genossenschaften) in Häusern wohnten, die den Handelsverbänden gehörten. So war es auch beim Genossenschaftsleiter Arngerðareyri, Sigurður Þórðarson. Der Bau des Hauses war teuer und trug maßgeblich dazu bei, dass die Kaufgenossenschaft in Zahlungsschwierigkeiten geriet.
Das Wohnhaus entpuppte sich also im Nachhinein gesehen als Luftschloss des Geschaftsführers. Das Haus ging schließlich in den Besitz von Halldór Jónsson über, einem Bauern in Arngerðarey und Mitglied des Kaupfelag-Nauteyrarrhrepp-Vereins, der das Grundstück für das Gebäude an den Verein verpachtet hatte. Laut Vertrag gab es ein Vorkaufsrecht zugunsten Halldors, der davon aber keinen Gebrauch machte, als die Genossenschaft den Betrieb aufgab.
Stattdessen erwarb Landsbanki Islands das Schloss für die Schulden und vermietete es für mehrere Jahre. Halldórs Sohn, Jón Halldórsson, kaufte das Haus während der Kriegsjahre von Landsbanki Íslands und seine Eltern zogen darin ein. Halldór Jónsson kaufte das Haus schließlich selbst und bewohnte es zusammen mit seiner Frau Steinunn Jónsdóttir.
©Foto: Heimildin
Halldór und Steinunn verkauften 1956 ihre Farm Arngerðareyri und zogen nach Reykjavík. Danach wurde das Haus für zehn Jahre vermietet. Dann endete der dauerhafte Aufenthalt in der „Burg“ Arngerðareyri und seit dieser Zeit war das Haus Wind und Wetter ausgesetzt.
Die Marmorfliesen auf der Treppe, die ein Symbol der Großmut der Kaufmannsgesellschaft und Sigurður Þórðarsons waren, wurden eine nach der anderen von den Besuchern des Hauses entfernt, bis keine mehr übrig waren. 1934 ist Sigurður Þórðarson in Ruhestand getreten und übernahm das Anwesen seiner Eltern in Laugaból, wo er bis 1967 lebte.
Der Bauer Jón Guðjónsson kaufte Laugaból und das Schloss Arngerðareyri 1967 von Sigurður, lebte aber nie auf Arngerðareyri. Er lebte auf der Farm Laugabol, bis er 2010 nach Borgarnes zog und war solange Eigentümer, bis es Matthias und Claudia von ihm vor elf Jahren kauften.
©Foto: Heimildin/Ingi Freyr Vilhjalmsson
Wie habt ihr eigentlich den Eigentümer gefunden?
… möchte ich vier Wochen später bei einem Videocall noch wissen?
Claudia suchte im Internet nach isländischen Häusern zum Verkauf und stellte fest, dass ihr Traumschloss tatsächlich bei einem Makler zum Verkauf stand. Zu einem sehr hohem, für beide unbezahlbaren, Preis. Der Preis deshalb so hoch, weil sehr viel Land dazu gehörte.
Der Zeitpunkt zum Hauskauf war ideal
Vor Matthias und seiner Frau hatten schon zig andere Leute Interesse an dem Haus gezeigt, aber der Eigentümer wollte es aus den unterschiedlichsten privaten Gründen nicht verkaufen.
Island befand sich unmittelbar nach der Finanzkrise, die Isländische Krone war abgestürzt. Beide Seiten konnten sich darauf einigen, dass das Haus ohne die großen Ländereien verkauft wurde und ohne die dazugehörigen Fischerei- und Jagdrechte, die es u.a. so teuer machten.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das Schicksal meinte es sehr gut für Matthias und Claudia. Sie bekamen den Zuschlag für das Haus. Und so ging das Haus im August 2011 in deutsche Hände über.
Haus-Sanierung
Aufgrund des derzeitigen Zustandes ist es nicht möglich, im Haus zu wohnen. Im Oktober 2011 begannen die ersten Sanierungsarbeiten. Matthias wechselte die Schlösser, setzte neue Fenster ein, reparierte Dach und Treppe. Die Arbeiten verrichteten sie anfangs ausschließlich in ihrer Urlaubszeit. So arbeiteten sie bis 2019.
Ausblick
Das Haus ist Baujahr 1928 und feiert somit in fünf Jahren 100-jähriges Jubiläum. Matthias hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, dass es bis dorthin fertig saniert sein soll.
Ich bedanke mich sehr herzlich bei Matthias für den tiefen Einblick in sein Leben und die wertvollen und umfangreichen Informationen bei meiner Recherche in eine Zeitreise vergangener Tage.
Raggagardur – Die Entstehung eines Familienparks
Bevor ich Sudavik hinter mich lasse, weiterfahre, sehe ich mir aber noch Raggagardur, den Familienpark in Sudavik, an. Er wurde von Vilborg Arnarsdóttir aus Sudavik ins Leben gerufen. Sie hatte schon lange den Wunsch, einen Ort zu schaffen, an dem Familien, Kinder und Touristen im Sommer die Westfjorde besuchen und Zeit im Freien verbringen können.
Ihr Ziel war es, Kinder zu ermutigen, kostbare Momente mit ihren Eltern zu teilen, indem sie Aktivitäten im Freien und Bewegung in einem speziell dafür vorgesehenen Bereich ermöglichte. Nachdem sie ihren Sohn Ragnar 2001 bei einem tragischen Autounfall verloren hatte, entschied sie sich, ihr Projekt ernsthaft voranzutreiben und den Park in seinem Gedächtnis zu errichten.
Mit der Hilfe von Einheimischen, Sommergästen, Sponsoren und vielen anderen Wohltätern wurde dieser Traum wahr. Jeder, der sich freiwillig meldete, investierte liebevoll und mit Hingabe mehrere tausend Stunden in den Park. Im Laufe der Jahre erhielt der Park viele großzügige Geschenke und Spenden. Einige der Unterstützungsmaßnahmen waren der Verkauf von vier Tonnen isländischer gedrehter Donuts, von Kindern organisierte Lotterien und Konzerte, die vom Verein der Schafzüchter in Ísafjarðardjúp zugunsten des Parks veranstaltet wurden.
Mein Weg führt mich die nächsten Tage in das Countryhotel Heydalur.
Von hier fahre ich bis zur Nauteyrarkirkja am Snæfjallastrandarvegur oder der Straße 635. Nach dem Wiederaufbau wurde die Kirche 1986 neu eingeweiht. Sie stand einst in Kirkjuból in Langadal, bis sie nach nach Nauteyr verlegt wurde.
Diese Tour nenne ich mal geothermale Badetour. Deshalb, weil mein Bikini noch nicht getrocknet ist, wenn ich ins nächste geothermale Bad steige. In diesem Bereich der Westfjorde gibt es einige angelegte geothermale Badebecken und auch HotPots in freier Natur. Ich werde in einer weiteren Geschichte über diese Tour schreiben. Hier möchte ich nur eines, Hörgshlíðarlaug im Mjoifjördur, zeigen.
Auf dem Weg dorthin halte ich am Saltverk. Hier bekomme ich bei einer Führung erklärt, wie das Meersalz geothermisch geerntet wird. Auch darüber werde ich in einer separaten Geschichte berichten.
Unterwegs erreicht mich eine Mail von Matthias. Er möchte mich gerne noch seiner Mutter vorstellen, die derzeit zu Besuch ist. Eigentlich wollte ich mir mehr Zeit nehmen, aber Icelandair schreibt mir, dass wegen Sturmes auf Reykjanes mein Flug gecancelt ist. Also buche ich um und muss einen Tag eher von Isafjördur nach Keflavik fliegen, deshalb bin ich bisschen knapp dran.
Eigentlich sollte dieser Abend auch dem rustikalen Restaurant Tjöruhúsið in Isafjördur gehören. Für mich das beste Fischrestaurant in ganz Island. Aber daraus wird nun nichts.
Aber ein gemütlicher Kaffee mit Matthias und seiner Mutter Ursula Bergemann ist noch drin. Im Laden an der Tankstelle begrüßt sie mich im Rollstohl, sie war vor ein paar Tagen unglücklich gestürzt. Ich erfahre, dass sie 81 Jahre ist, in Berlin-Pankow geboren, studierte in Essen Textildesign. Voller Energie, voller aussagekräftiger Sätze, mit einem festen Willen. Und sie weiß, was sie will. Und sie ist Künstlerin. Sie zeichnet und malt seit vielen Jahrzehnten. Vergangene Woche hat sie noch die Teller und Tassen bemalt, die Matthias ihr aus einem Secondhand-Laden besorgte. Diese kleinen Kunstwerke stehen nun bei ihrem Sohn im Laden im Regal und können gekauft werden.
Eine Menge Information in der kurzen Zeit. Wir verabreden, dass ich sie in ihrer Galerie z’Artmacher in Zehdenick nördlich von Berlin besuche.
Aber ich muss weiter. Mein Ladekabel für die Technik habe ich im Holt Inn in Flateyri vergessen. Also möchte ich es gerne noch abholen, bevor ich nachmittags um 16 Uhr zurückfliege. Und noch einmal meinen derzeitigen Lieblingsplatz in den Westfjorden besuchen – noch einmal über den Steg der Holtsbryggja im Önundarfjörður in die Freiheit des Fjords und der zauberhaften Berge laufen.
Jeder Fjord hat seinen eigenen, verborgenen Schatz.
Anmerkung Stand 6.11.2023: Matthias und seine Frau haben sich schweren Herzens entschlossen, ihr Traumhaus aus unterschiedlichen privaten Gründen zu verkaufen. Klicke hier auf den Link, dann kommst du zur Anzeige des Immobilienmaklers.
Ich wünsche eine schöne Zeit in Island – Island enttäuscht nie!
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Pingback: Arngerðareyri in den Westfjorden Islands – SaltyLava | Nachrichten aus Island
Ein wundervoller Artikel. Vielen Dank für den Einblick.
Ich bedanke mich für deinen Kommentar herzlich, Christina.
Dankeschön.