Zukunft des Walfangs in Island: Bericht veröffentlicht – Ministerium lädt zur öffentlichen Konsultation ein
Die Arbeitsgruppe zur Überprüfung des administrativen und rechtlichen Rahmens des Walfangs in Island hat ihre Arbeit vor drei Wochen abgeschlossen und den Abschlussbericht vorgelegt. Die Konsultation zum Bericht ist mit dem heutigen Tag beendet, sie war vom 6.-21.5.2025 geöffnet und jeder hatte die Möglichkeit, Vorschläge zum Bericht abzugeben. In dieser Zeit sind 380 Stellungnahmen eingegangen. Diese Rückmeldungen sollen in die weiteren Überlegungen zum Walfang der zuständigen Ministerin einfließen.
Nach der öffentlichen Konsultation wird die Ministerin über die Vorschläge der Arbeitsgruppe beraten und eine Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung des Walfangs und die notwendigen rechtlichen Anpassungen treffen.
„Der Bericht soll eine solide Grundlage für die künftige Politikgestaltung im Bereich Walfang bieten. Er stärkt die fachliche Grundlage für Entscheidungen und zielt darauf ab, die Regierungsführung langfristig zu verbessern. Unabhängig von der künftigen Richtung ist klar, dass Gesetzesänderungen notwendig sein werden. Ein Gesetzentwurf ist für die nächste Legislaturperiode vorgesehen“, erklärte Hanna Katrín Friðriksson, Ministerin für Industrie und Handel.
Hintergrund der Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe wurde am 13. Februar 2024 von der damaligen amtierenden Ernährungsministerin Katrín Jakobsdóttir ins Leben gerufen. Ihr Auftrag war es, den rechtlichen Rahmen des Walfangs unter Berücksichtigung der internationalen Verpflichtungen Islands zu prüfen und Empfehlungen zu erarbeiten. Die Gruppe sollte insbesondere die historischen und aktuellen Rechtsgrundlagen, internationale Verpflichtungen und mögliche Optionen für die künftige Politik analysieren – nicht aber selbst eine Empfehlung abgeben.
Der Vorsitz der Gruppe lag bei Þorgeir Örlygsson, einem ehemaligen Richter des Obersten Gerichtshofs. Weitere Mitglieder waren Aðalheiður Jóhannsdóttir, Professorin für Umweltrecht, Snjólaug Árnadóttir, Direktorin des Instituts für Nachhaltigkeits- und Klimarecht, und Trausti Fannar Valsson, außerordentlicher Professor für Rechtswissenschaften. Árni Kolbeinsson, ebenfalls ehemaliger Richter am Obersten Gerichtshof, trat im Oktober 2024 aus organisatorischen Gründen aus der Gruppe aus.
Die Ergebnisse dieser umfassenden Arbeit markieren einen wichtigen Schritt für die zukünftige Gesetzgebung und Politikgestaltung in diesem sensiblen Bereich. Die Regierung hofft, durch den Konsultationsprozess eine breite gesellschaftliche Perspektive einzuholen.
Historische und nationale Rechtsgrundlagen
Die ältesten überlieferten isländischen Quellen deuten darauf hin, dass während der Zeit des Commonwealth Walfleisch konsumiert wurde, und sowohl in Grágás als auch in Jónsbók finden sich spezifische Bestimmungen zu Walfleisch. Die Bestimmungen der alten Gesetzesbücher betreffen vor allem den Besitz von Walen und die Aufteilung von Produkten und Gewinnen sowie Bestimmungen für den Umgang mit und den Transport von Walen. Die Gesetze enthalten keine spezifischen Anweisungen zum Walfang oder zu seiner Durchführung, außer Bestimmungen über das Recht des Walfängers auf den Gewinn aus dem Walfang (den Walfängeranteil) und allgemeine Bestimmungen, etwa darüber, wo die Jagd erlaubt oder verboten ist. Diese Gesetze legten fest, wie Strandwalfunde zu behandeln waren und wie die Verteilung des Fleisches innerhalb der Gemeinschaft erfolgen sollte. S
Bereits zur Zeit der ersten Besiedlung Islands im 9. Jahrhundert spielten Wale eine wichtige Rolle für das Überleben. Strandwalfang – die Nutzung von Walen, die tot oder lebend an Land gespült wurden – war eine wertvolle Nahrungsquelle. Fleisch, Fett und Tran wurden genutzt, während Knochen und Barten für Werkzeuge und Baukonstruktionen dienten.
Im 17. und 18. Jahrhundert nutzten baskische, niederländische und britische Walfänger die reichen Bestände in den isländischen Gewässern. Ihre Präsenz führte zur Jagd auf Grönlandwale und zur Errichtung von temporären Fangstationen. Diese Aktivitäten kollidierten jedoch häufig mit den Interessen der isländischen Bevölkerung, die sich in ihren Rechten bedroht sah.
Industrialisierung des Walfangs: Norwegische Technologien
Mit dem Aufkommen industrieller Jagdmethoden Ende des 19. Jahrhunderts begann ein neues Kapitel des Walfangs in Island. Norwegische Unternehmen brachten dampfbetriebene Schiffe und Harpunenkanonen ins Land. 1883 wurde die erste industrielle Walfangstation in den Westfjorden errichtet.
Die Jagd auf Großwale wie Finnwale und Blauwale florierte, was jedoch bald zu Überfischung und ersten Diskussionen über Nachhaltigkeit führte.
Gesetzliche Maßnahmen und Schutzbestimmungen
Im 20. Jahrhundert wurde der Walfang zunächst durch das Gesetz Nr. 72/1928 geregelt. Diese war zunächst auf 10 Jahre befristet und wurde 1947 auf unbestimmte Zeit verlängert. Das Gesetz von 1928 verbot unter anderem landbasierte Walfangstationen und schrieb vor, dass der Arbeitsminister eine Lizenz nur mit Stellungnahme des isländischen Fischereiverbands und für höchstens zehn Jahre gewähren darf. Zudem durfte eine Konzession nur an isländische Staatsbürger mit einem Jahr Aufenthalt vergeben werden. Beispielsweise wurde auf dieser Grundlage am 29. Januar 1947 die erste Lizenz an das Unternehmen Hval hf. vergeben. Lizenzen waren mit Bedingungen wie Jahresgebühren an den Staat verknüpft. Die urprüngliche Lizenz war zunächst auf 10 Jahre beschränkt, wurde aber nach deren Ablauf 1957 auf unbestimmte Zeit verlängert.
Landerstationen sind feste Einrichtungen an der Küste, die für die Verarbeitung der gefangenen Wale genutzt wurden. Hier wurden die Tiere an Land gebracht, zerlegt und ihre Bestandteile weiterverarbeitet, beispielsweise zu Öl, Fleisch oder Dünger. Solche Stationen waren vor allem in Regionen verbreitet, in denen der Walfang eine große wirtschaftliche Bedeutung hatte und Küstengebiete leicht zugänglich waren.
Schwimmende Stationen sind Walfang-Schiffe, die als mobile Verarbeitungseinheiten dienen. Diese entstanden, als der industrielle Walfang weiter ins offene Meer und in entlegene Gebiete wie die Antarktis verlagert wurde. Solche Schiffe konnten Wale direkt auf See verarbeiten und waren oft mit einer Flotte kleinerer Walfangboote ausgestattet.
Ein Wendepunkt war das Moratorium der Internationalen Walfangkommission (IWC) im Jahr 1986, das den kommerziellen Walfang weltweit aussetzte. Island trat zunächst aus der IWC aus und später mit Vorbehalten wieder bei. Die Regierung setzte den Walfang im Rahmen wissenschaftlicher Programme fort und fing jährlich zwischen 40 und 150 Wale, vor allem Finnwale und Zwergwale. Diese Praxis sorgte international für Kritik, da die wissenschaftliche Notwendigkeit der Jagd vielfach angezweifelt wurde.
Das zentrale heutige Regelwerk bildet das Walfanggesetz Nr. 26/1949 (seit 1967 auf Englisch „Whaling Act“). Es ersetzte das ältere Lizenzsystem weitgehend. In Artikel 1 des Gesetzes wird festgelegt, dass nur wer eine behördliche Erlaubnis hat, Walfänge anlanden darf – und zwar auch dann, wenn der Fang außerhalb der isländischen Küstengewässer erfolgte. Solche Genehmigungen dürfen nur an Parteien erteilt werden, die die sonstigen Bedingungen für Fischereierlaubnisse im isländischen Hoheitsgebiet erfüllen. Vor Erteilung der Lizenz muss der zuständige Minister die wissenschaftliche Beratung des Isländischen Meeresforschungsinstituts einholen.
Artikel 2 des Gesetzes verbietet die Nutzung ausländischer Schiffe für den Walfang ohne Ministergenehmigung. Liegt eine solche Genehmigung vor, darf ihre Laufzeit jeweils ein Jahr nicht überschreiten. Abweichend davon enthält das Gesetz für andere Fälle keine starre Frist: Lizenzen können auch über ein Jahr hinaus gewährt werden (typischerweise jährlich erneuert). Artikel 4 überträgt dem Minister das Recht, per Verordnung örtliche Walfangverbote, Fangquoten und andere Detailregelungen zu erlassen.
Artikel 3 des Walfanggesetzes von 1949 enthält einen Katalog von verbotenen Tötungen – etwa von Walkälbern oder Walen in Begleitung von Kälbern sowie geschützten Arten unter festgelegter Mindestgröße. Diese Bestimmungen sollen mit internationalen Regelungen in Einklang stehen: In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die einschlägigen Walfangverträge detaillierte Vorgaben enthalten und am effizientesten in entsprechenden Verordnungen umgesetzt werden. Die erste Verordnung auf Basis des Gesetzes war die Verordnung Nr. 113/1949 über den Walfang, in der genau festgelegt wurde, welche Arten nicht gejagt werden dürfen und welche Größenbeschränkungen gelten. Weitere Verordnungen regeln Fangmethoden, Saisonzeiten, Meldepflichten und Höchstmengen.
Über das Walfanggesetz hinaus beziehen sich weitere nationale Bestimmungen indirekt auf den Walfang. So verweist etwa eine aktuelle Lizenz auf die Einhaltung des Lebensmittelsicherheitsgesetzes Nr. 30/2018. Im Sommer 2024 wurde die Rahmenverordnung Nr. 163/1973 durch die Änderungsverordnung Nr. 694/2024 angepasst. Eine Ausnahme gilt für die historischen Traditionen der kleinen lokalen Jagd (z. B. in den Westfjorden): Artikel 3b des Gesetzes enthält eine Ausnahmeklausel für „kleine Waljagden“ in den heimischen Küstengewässern.
Nach den geltenden Vorschriften ist die Jagd auf Grönlandwale, Islandwale, Buckelwale, Finnwale und Pottwale verboten. Andere Walfangarten wurden nicht verboten.
Lizenzierung und administrative Umsetzung
Gemäß dem isländischen Walfangrecht obliegt die Erteilung von Walfanglizenzen dem zuständigen Ministerium. Die Vorschriften verlangen, dass der Minister – ähnlich wie bei anderer Fischerei – vor der Genehmigung die fachliche Stellungnahme des Meeresforschungsinstituts einholt. Die erteilten Lizenzen können unter Bedingungen stehen: Beispielsweise darf die jährliche Fangmenge den im Anhang der Verordnung 163/1973 festgelegten Höchstwert nicht überschreiten. Lizenznehmer müssen zudem sämtliche sonstigen einschlägigen Gesetze und Vorschriften einhalten.
Als jüngstes Beispiel hat das Ministerium am 4. Dezember 2024 Hval hf. eine fünfjährige Fanglizenz für Finnwale erteilt. Diese Genehmigung verlängert sich automatisch jährlich um ein Jahr, unterliegt aber klaren Auflagen: So dürfen pro Jahr nur so viele Wale gejagt werden wie in der erwähnten Verordnung zugelassen. Ferner gelten alle einschlägigen Vorschriften der Fischerei weiterhin. Die Geschichte des Walfangs kennt nur wenige staatlich erteilte Lizenzen: Historisch fielen die wenigen Konzessionen lediglich an isländische Firmen mit hohen Gebührenpflichten.
Nach dem Walfanggesetz muss ein Lizenzgesuch von in Island registrierten Fangflotten stammen. Wie bereits erwähnt, verbietet Artikel 2 die Nutzung fremder Schiffe ohne Sonderbewilligung – für solche Erlaubnisse gilt strikte Einjahresfrist. Ansonsten schreibt das Gesetz keine Frist für die Lizenzlaufzeit vor, und die Behörde hat hier einen erheblichen Ermessensspielraum.
Die Umsetzung der Erlaubnisvergabe wird auch rechtlich überprüft: So beschäftigte sich etwa eine Stellungnahme des isländischen Bürgerbeauftragten mit einer Beschwerde der Hval hf. gegen Verordnungen zur Lizenzierung. Der Ombudsman befand, dass die im Jahr 2023 erlassene Verordnung Nr. 642/2023 keine klare Grundlage im Gesetz hatte und gegen verfassungsrechtliche Prinzipien wie das Vertrauens- und das Berufsfreiheitsprinzip verstieß.
Internationale Abkommen und Verpflichtungen
Island ist an mehrere internationale Abkommen gebunden, die den Walfang beeinflussen. Wichtigste Instanz ist die Internationale Walfangkommission (IWC). Island war ursprünglich Gründer der IWC, trat aber 1989 vorübergehend aus. Im Jahr 2002 stellte Island erneut einen Antrag auf Vollmitgliedschaft – diesmal mit einer streng formulierten Ausnahmeklausel zum Verbot des kommerziellen Walfangs. Dieser Antrag wurde auf einer außerordentlichen IWC-Tagung im Oktober 2002 mit knapper Mehrheit angenommen.
Dies gibt Island das souveräne Recht, Walfang im Einklang mit seiner Entwicklungs- und Umweltpolitik fortzusetzen. Gleichzeitig erkennt der Bericht an, dass internationale Kritik an der Walfangpraxis wirtschaftliche und diplomatische Konsequenzen haben kann.
Mehrere Länder haben nach Islands Wiedereintritt offiziell Protest eingelegt, da sie die Ausnahmeregelung für fragwürdig hielten.
Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Dimension
Der Bericht diskutiert die Bedeutung des Walfangs aus verschiedenen Perspektiven:
- Wirtschaftliche Aspekte: Der Walfang generiert Einnahmen durch den Verkauf von Walfleisch, hat jedoch eine geringe wirtschaftliche Bedeutung im Vergleich zu anderen Sektoren wie dem Tourismus.
- Tourismus und öffentlicher Druck: Der Bericht weist auf den Konflikt zwischen Walfang und Walbeobachtungstourismus hin. Letzterer hat eine größere wirtschaftliche Relevanz, während der Walfang international häufig auf Ablehnung stößt.
- Kulturelle Tradition: Für einige Isländer ist der Walfang ein Symbol für nationale Souveränität und kulturelles Erbe.
Zukünftige Szenarien: Fortsetzung, Einschränkung oder Verbot
Die Arbeitsgruppe präsentiert drei mögliche Szenarien für die Zukunft des Walfangs:
- Fortsetzung: Der Walfang bleibt unter der aktuellen Regulierung erlaubt.
- Einschränkungen: Weitere Schutzmaßnahmen werden eingeführt, beispielsweise eine Reduktion der Fangzahlen oder zeitliche Einschränkungen.
- Verbot: Ein vollständiges Verbot würde bedeuten, dass der Walfang dauerhaft eingestellt wird. Dies müsste durch das Althingi gesetzlich verankert werden und würde eine Entschädigung für betroffene Unternehmen erforderlich machen.
Verfassungsrechtliche Implikationen
Ein zentrales Thema des Berichts ist der Schutz der Berufsfreiheit gemäß Artikel 75 der isländischen Verfassung. Der Bericht stellt fest, dass Einschränkungen des Walfangs durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt sein müssen. Gleichzeitig würde ein vollständiges Verbot als erheblicher Eingriff in verfassungsmäßig geschützte Rechte gelten, insbesondere wenn bestehende Lizenzen betroffen sind.
Schlussfolgerung
Der Bericht bietet keine eindeutige Empfehlung, sondern analysiert die Vor- und Nachteile der verschiedenen Szenarien. Er betont die Notwendigkeit, die rechtliche und wirtschaftliche Lage sorgfältig zu prüfen, um Entscheidungen zu treffen, die sowohl den internationalen Verpflichtungen als auch den nationalen Interessen gerecht werden.
Quelle: Bericht der isländischen Arbeitsgruppe „Rechtlicher Rahmen des Walfangs“ (Mai 2025).
Titelfoto: Walfangschiff von Hvalur hf bei der Anlandung im Hvalfjördur / © Mirjam Lassak
Weitere News
Islands längster Pool wird 100 – Feierlichkeiten in Reykjanes
Historische Schilder erinnern an Schwimmbad und Schule in Reykjanes Reykjanes/Westfjorde – Am 5. Juli 2025 wird in Reykjanes bei Ísafjarðardjúp…