„Die seismische Aktivität auf der Halbinsel Reykjanes hat sich in den letzten Tagen weiter verstärkt und verlagert sich zunehmend in die Mitte des Spaltenschwarms. Vulkanologe Ármann Höskuldsson erklärt im Interview bei mbl.is, dass ein zukünftiger Ausbruch höchstwahrscheinlich in der Umgebung von Eldvörp oder Reykjanestá stattfinden könnte.
„Das wird nicht morgen oder übermorgen passieren, das braucht Zeit“, betonte Ármann und verwies auf die langwierigen geologischen Prozesse.
Rekordwert: Magmavolumen unter Svartsengi erreicht Höchststand
Seit Beginn der vulkanischen Aktivität im Dezember 2023 wurde unter dem Gebiet Svartsengi noch nie ein so hohes Magmavolumen gemessen. Diese Beobachtung wirft die Frage auf, ob der aktuelle Ausbruch der Sundhnúka-Kraterreihe endgültig abgeschlossen ist.
Laut Ármann Höskuldsson könnte es zu einem weiteren Ausbruch kommen, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß. Die westliche Verlagerung der Aktivität sei ein natürlicher Prozess, der in der Region nicht ungewöhnlich sei.
Experten beobachten die Situation weiterhin genau, um mögliche Risiken für die Bevölkerung und die Infrastruktur frühzeitig zu erkennen.
Mögliche Entwicklungen der vulkanischen Aktivität im Vulkansystem Svartsengi
Aus einer neuen Lageveröffentlichung des Isländischen Wetteramtes geht hervor, dass die zukünftige Entwicklung des Vulkansystems Svartsengi ungewiss bleibt. Ein möglicher neunter Ausbruch der Sundhnúk-Kraterreihe hängt von zwei zentralen Faktoren ab:
- Dem Magmavolumen, das beim letzten Ausbruch aus dem Gebiet unter Svartsengi entwich.
- Der Geschwindigkeit, mit der Magma aus der Tiefe nach einem Ausbruch wieder in das Magmaansammlungsgebiet strömt.
Verlangsamte Magmaansammlung
Die Magmaansammlung vor den letzten beiden Ausbrüchen verlief deutlich langsamer als noch zu Beginn des Eruptionszyklus Ende 2023. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass sich Magma nur noch mit etwa einem Viertel der ursprünglichen Rate sammelt.
Eine Analyse der Magmaansammlungsperioden zwischen den Ausbrüchen zeigt eine deutliche Verlängerung:
- Zwischen den Eruptionen im Januar und Februar 2023 betrug die Ansammlungszeit 25–27 Tage.
- Im Jahr 2024 verlängerte sich diese Phase auf 85–90 Tage.
Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte es Jahre dauern, bis genügend Magma für einen neuen Ausbruch akkumuliert ist.
Ungewisse Vorhersagen
Die verlangsamte Magmaansammlung erschwert präzise Vorhersagen. Es könnte viele Monate oder Jahre dauern, bis ein weiterer Ausbruch erfolgt – oder es bleibt langfristig ruhig. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass sich die Magmaansammlungsrate wieder erhöht und die vulkanische Aktivität schneller voranschreitet.
Parallelen zu anderen Vulkansystemen
Ähnliche Entwicklungen wurden bei den Krafla-Ausbrüchen zwischen 1975 und 1984 beobachtet. Dort führte eine Verringerung der Zuflussraten zu längeren Pausen zwischen den Eruptionen. Dennoch kam es 1984 zu einem Ausbruch. Nach 1988 stellte die Magmaansammlung in diesem Gebiet vorübergehend ihren Betrieb ein, nahm jedoch einige Jahre später wieder zu.
Historische Aufzeichnungen zeigen, dass vulkanische Aktivitätsphasen auf der Halbinsel Reykjanes häufig mit einer Verlagerung der Aktivität zwischen verschiedenen Vulkansystemen einhergingen.
Blick in die Zukunft
Trotz der Unsicherheiten bleibt es wahrscheinlich, dass es in Zukunft zu weiterer Magmaakkumulation oder neuen Eruptionen in der Sundhnúk-Kraterreihe kommen wird. Die Möglichkeit, dass das Magma in ein benachbartes Vulkansystem abwandert, kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Da die Natur immer wieder unvorhersehbar agiert, bleibt die intensive Überwachung der vulkanischen Aktivität auf der Halbinsel Reykjanes essenziell. Wissenschaftler betonen, dass Frühwarnsysteme bereits gut funktionieren, um kurzfristig vor einem Ausbruch zu warnen, langfristige Prognosen jedoch weiterhin schwierig bleiben.
Vorbereitung ist entscheidend
Die Bevölkerung sowie Katastrophenschutzbehörden müssen auf zukünftige vulkanische Aktivität vorbereitet sein – sowohl im Vulkansystem Svartsengi als auch in anderen Teilen der Halbinsel Reykjanes. Die kommenden Monate und Jahre könnten neue Herausforderungen mit sich bringen, weshalb eine stetige Beobachtung und angemessene Vorsorge notwendig bleiben.
Titelfoto: Eldvörp-Kraterreihe / Mirjam Lassak