Exklusive Einblicke in das Drohnen-Team von Polizei und EFLA-Ingenieuren direkt im Eruptionsgebiet auf der Reykjanes-Halbinsel
Seit dem 16. März 2024 brodelt ein Vulkanausbruch nördlich von Grindavik auf der Halbinsel Reykjanes an den Sundhnjukar-Kratern. Ich durfte den Drohnenteams von Polizei und Efla Engineers über die Schultern schauen. Mit Hilfe hochmoderner Drohnen erfassen, dokumentieren und analysieren sie das Ausmaß der Naturgewalt. Die Daten werden zur Überwachung und zur Risikoabschätzung der Aktivität des Vulkans und für wissenschaftliche Zwecke gesammelt und ausgewertet. Ein Blick hinter die Kulissen außergewöhnlicher Missionen.
Zuerst: Hinauf nach Húsafell östlich von Grindavík
Wir fahren hinaus aus Grindavik in östliche Richtung. Den Suðurstrandarvegur entlang, bis wir am Abzweig zur Mine angekommen sind. Die Mine liegt am Fuße des Berges Húsafell. Durch sie fahren wir zunächst hindurch.
Weiter geht es im Bogen um Húsafell herum, bis wir auf einer Art Plateau angekommen sind. Das steinige Gelände erinnert mich an das bei Fagradalsfjall oder Litli-Hrútur.
Ausgebauter VW-Bus
Hier steht bereits ein weiteres Auto. Die seitliche Schiebetür des VW-Busses steht offen, so wie man es von einem gut ausgebauten Campervan kennt. Aber nein, hier sehe ich einen Mann in kurzärmeligen T-Shirt (es sind um die 2 Grad), an dessen Knopfleiste ein Polizeistern befestigt ist, darüber trägt er Lederweste. Das ist für heute seine Arbeitsuniform. Sein Arbeitsplatz ist die Sitzbank eines mit viel Technik ausgebauten VW-Busses. Er schaut auf den Bildschirm, dreht an den Joy-Sticks des Flugreglers der Drohne. Allerdings ist der Mann, der diesen Stern mit Stolz trägt, viel präsenter. Er strahlt eine angenehm wissende, ruhige aber zugleich bestimmte Art aus, die mich sofort einnimmt.
Guðmundur Fylkisson – Chefinspektor der Polizei von Reykjavík
Der Mann im Auto ist Guðmundur Fylkisson, Chefinspektor der Polizei der Hauptstadtregion. Guðmundur arbeitet seit 35 Jahren bei der Polizei. Seine Hauptaufgabe seit 2014 ist die Suche nach entlaufenen Kindern.
Hat ca. 400 Kinder gesucht
Guðmundur wechselte 2014 in die Abteilung für Sexualdelikte der Polizei im Hauptstadtgebiet und begann mit der Aufgabe, die er bis heute ausübt, nach vermissten Kindern zu suchen. 2017 begann er, für die Suche nach den Kindern auch Drohnen einzusetzen. Und deshalb ist er im Drohnenteam der Polizei. Für die Kindersuche verwendet er kleinere Drohnen als die bei Eruptionen, er arbeitet dann mit der Phantom 4pro und Mavic Enterprise.
Guðmundur wuchs in Ísafjörður auf und nach eigenen Angaben in einem Interview sagte er einmal, dass es der damalige Polizeichef in Ísafjörður selbst war, der ihn mit dem Dreirad im Kofferraum wieder nach Hause brachte. Das war wohl sein Einstieg in die Polizei.
Guðmundur ist Koryphäe in seinem Gebiet. 2020 wurde er von der Organisation Barnaheill (Save the Children in Island) für seine Arbeit für Kinder und Jugendliche in Not und seine Herangehensweise im Umgang mit ihnen ausgezeichnet.
Vertritt Kollegen über Ostern
Wir arbeiten 12 Stunden lang im Zweierteam, sagt Guðmundur. Unser Hauptpilot ist Teil der SWAT (Spezialeinheiten innerhalb einer Polizeibehörde), die diese Drohne und andere hat. Der Kollege hatte über Ostern Urlaub, also habe ich seinen Platz übernommen.
Wir haben in ganz Island Drohnenpiloten ausgebildet, die auch ihre Diplome erhalten haben. Wir haben 80 ausgebildete Piloten und etwa 15 von ihnen sind „Hauptpiloten“. Und dann haben wir noch andere, die Zweitpiloten sind.
Auskunft über Moosbrände im Ausbruchsgebiet
Meine Aufgabe an den Ostertagen bestand darin, sagt Guðmundur, der Feuerwehr Informationen über die Moosbrände am Rande der Lava zu geben. Wir mussten herausfinden, wie groß das Feuer in welchem Gebiet ist, und eine Möglichkeit finden, Lastwagen mit Wasser dorthin zu transportieren. Auch auf der Westseite breitete sich das Feuer weiter aus. Es gab viel Rauch, aber die Infrarot-Kamera an der Drohne konnte uns zeigen, wo das Feuer war.
Guðmundurs Arbeitsgeräte an Ostern – Drohne und Auto
Die von uns verwendete Drohne ist die DJI Matrice 300 mit Infrarot, schreibt Guðmundur. Die Behörde des Nationalen Polizeikommissars ist der Eigentümer und der Nationale Zivilschutz Almannavarnir stellt unserem Drohnenteam ein Auto zur Verfügung. In diesem Auto können wir tagelang im Schichtbetrieb arbeiten, da wir über einen Generator, eine ECOFLOW-Powerstation und viele Batterien verfügen, sodass wir im Schichtbetrieb fliegen können.
Einsatz von Drohnen zur Registrierung der Risse in Grindavík
Der Einsatz von Drohnen in Grindavík dient dazu, Live-Streams an das Nationale Verteidigungskoordinierungszentrum JRCC, den gemeinsamen Rettungskoordinator und an den Einsatzkommandanten der Polizei in Suðurnes, bereitzustellen. Wir versorgen die Isländische Wetterbehörde auch mit einem Live-Stream für die Wissenschaft.
Unsere Aufgabe zu Weihnachten bestand darin, die Risse zu registrieren, einen sicheren Weg für unsere Teams zu finden, zu den Wasserpumpen zu gelangen und den Strom wieder anzuschließen. Das Gleiche gilt für das Geothermie-Kraftwerk in Svartsengi, wo versucht wurde, die Warmwasserleitungen wieder in Betrieb zu nehmen.
Hier kommst du zum Artikel des Baus einer Heißwasserleitung in Svartsengi
https://saltylava.de/bau-einer-neuen-heisswasserleitung-ueber-die-lava-in-svartsengi-auf-der-halbinsel-reykjanes/
Wir haben also viele Aufgaben. Natürlich machen wir auch Bilder und Videos, aber das Hauptziel ist der Live-Stream.
Anmerkung: Die Fotos dienen nur zur Veranschaulichung einiger kleiner Risse und Spalten. Ich habe sie im Dezember 2023 in Grindavik aufgenommen.
DJI-Dock-Station im Hafen Grindavik
Wir haben eine Matrice 30 im Hafen von Grindavik. Sie ist mit Flugrouten programmiert und kann über den Computer gestartet werden, beispielsweise vom Polizeizentrum aus. Sie verfügt außerdem über einen Live-Stream und eine Sirene, sodass sie bei der Evakuierung von Grindavik helfen kann.
Anmerkung der Redaktion: Ein DJI-Dock ist eine Ladestation für bestimmte Drohnen. Drohnen können darauf eigenständig landen, aufladen und starten. Die Docks sind robust, für 24-Stunden-Einsatz bei jedem Wetter gebaut.
Infrarot-Kamera an Drohnen – innerhalb einer Stunde am Ausbruchsort
Beide Drohnen verfügen über eine Infrarot-Kamera und können gute Informationen über die Temperatur liefern, beispielsweise wo die Lava fließt. Wenn also eine Eruption beginnt, erhalten unser Team, sagt Guðmundur, meistens unser Hauptpilot von SWAT und ein zweiter Pilot, einen Anruf und sind innerhalb einer Stunde in Grindavík. Wir machen Aufklärungsflüge, um die Position des Ausbruchs und die Position der Lava herauszufinden.
Drohnen-Piloten aus ganz Island bei Bedarf im Einsatz
Das Team startet die Dock-Drohne, um die ersten Informationen zu erhalten. Danach kann die Drohne vom Schoß aus oder vom Pad aus gesteuert werden. Bei Bedarf werden andere dazugerufen, um Schichten zu übernehmen, und ich bin einer von ihnen. Wenn es längerfristige Einsätze sind, wie der vor Weihnachten, als es Grindavik losging, haben wir Piloten von der Polizei im Osten, aus Fáskrúðsfjörður, aus dem Nordosten, aus Akureyri, aus Selfoss und dann aus Reykjavik erhalten.
Einsatzorte der Drohne
Guðmundur sagt, dass sie auch 3D-Bilder von dem machen, was gerade passiert. Die Bilder werden in einer Software zusammengefügt, um ein 3D-Bild zu erstellen.
Zum Beispiel, als wir im Dezember 2020 eine riesige Schlammlawine in Seyðisfjörður hatten. Unser Team dort hat am Anfang eine Drohne eingesetzt, die weit über die Grenzen hinausgeht, und schaffte es in den ersten Tagen bei starkem Regen, den Erdrutsch zu messen.
Wir setzen unsere Drohne auch dort ein, wo es in großen Gebäuden brennt. Dann können wir dem Feuerwehrteam mit Infrarot zeigen, wo sich das Feuer innerhalb von Gebäuden ausbreitet. Der Rauch kommt in einer Richtung heraus, aber wir sehen, wohin die Hitze geht.
Zur Technik der Drohne
Guðmundur konzentriert sich nun auf die Landung seines Arbeitspferdes, denn das ist die DJI MATRICE 300 RTK–Enterprise. Auf dem Bildschirm im Auto verfolgt er ihren Flugweg. Sie kommt nun in unsere Richtung zurück und landet mit lautem Surren vor uns zwischen altem Lavagestein.
Unser Weg zurück nach unten in Richtung Suðurstrandarvegur.
Drohnenpilot Þröstur Bragason von EFLA Engineers
Zwei Tage, bevor ich Guðmundur kennenlernen durfte, traf ich Þröstur Bragason an der von der Lava überflossenen Mine Melhólsnáma nördlich von Grindavik wieder. Er ist Partner bei EFLA Consulting Engineers und dort Spezialist für Computer-Animation und Visualisierung.
Er führte auch Vermessungs- und Photogrammetrie in und um Grindavík durch und hat ein 3D-Modell von Grindavík fertiggestellt, das für die isländische Naturkatastrophenversicherung entwickelt wurde.
Ich konnte seine Arbeit bereits im Dezember in der Nähe des Berges Sýlingarfell während der damals laufenden Eruption beobachten. Er arbeitete unter anderem auch als Visual Artist für 3D-Animationen in der Kinderfilmserie LazyTown mit.
Messungen der Lava-Dicke in 3D und Ortho-Fotos
Þrösturs Aufgabe ist es, Veränderungen in der Dicke der Lava in 3D zu messen. Ebenso erstellt er orthographische Bilder des Lavafeldes. Digitale Orthophotos sind verzerrungsfreie und maßstabsgetreue Luftbilder.
Drohne von DJI mit LiDAR-Laser-Sensor
Für die Messung der Dicke der Lava verwendet er eine Kartierungsdrohne von DJI mit Lasertechnik. Um die Geodaten genauer zu erfassen, kommt dabei an der Drohne ein sogenannter LiDAR-Sensor namens “Zenmuse L2” zum Einsatz.
Zur Erklärung: LiDAR (Light Detection And Ranging) ist eine Fernerkundungstechnologie, die Laserstrahlen nutzt, um in Echtzeit ein präzises 3D-Bild mit exakten Entfernungen und Bewegungen zu messen. Die Technik kommt beispielsweise auch beim vollautonomen Fahren zum Einsatz.
Die Messungen führt Þröstur im Auftrag der Straßenbehörde sowie der Katastrophenschutzbehörde durch.
Dank
Ich bedanke mich bei Guðmundur und Þröstur für die Beantwortung der Fragen vor Ort sowie die ausführliche schriftliche Beantwortung meiner Interview-Fragen. Ebenso möchte ich mich bei dem Polizeichef von Sudurnes und den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Isländischen Such- und Rettungsvereinigung ICE-SAR, die sich rund um die Uhr um die Ausbruchstelle und Grindavik kümmern, bedanken. Sie alle ermöglichten mir die Pressedokumentationen an den unterschiedlichsten Orten im Ausbruchsgebiet. Einigen beteiligten Mitarbeitern von ICE-SAR möchte ich hier ein Gesicht geben.
Island ist sicher für deine Reise
Wenn du daran zweifeln solltest, dich auf eine Reise nach Island zu begeben, dann lasse dich von der Eruption nicht zurückhalten. Diese ist auf eine sehr kleine Gegend auf der Halbinsel Reykjanes beschränkt. Jeglicher Flugverkehr und das Reisen in Island in den anderen Landesteilen sind in keiner Weise betroffen oder eingeschränkt. Das Ausbruchsgebiet ist jedoch derzeit für Touristen geschlossen.
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